So haben wir uns versammelt:
Im Jahr 1974 kam es zur Initialzündung: Fünf Auto-Oldtimerfreunde entdeckten gemeinsam ihre Zuneigung zu Motorrad-Veteranen. Da Zuneigung und erforderlicher Führerschein zweierlei Dinge sind, mussten zunächst von denen, die nicht im Besitz des Dokuments waren, die entsprechenden Prüfungen abgelegt werden. In dieser frühen Phase wurde auch der Fahrschulinhaber mit dem Oldtimervirus infiziert. Wieder ein Begeisterter mehr …
Die Sache nahm Formen an, denn im Freundes- und Bekanntenkreis der nunmehr schon sechs Enthusiasten sprach sich die ins Auge gefasste Gründung eines Motorrad-Veteranen-Klubs schnell herum. Die Resonanz war überraschend groß und so kam es 1975 zur Gründung der
Motorrad-Veteranen-Gemeinschaft Berlin
in einem Hobbykeller in Berlin-Zehlendorf. Die allgemeine Begeisterung der zehn Gründungsmitglieder ließ die fehlende Gastronomie nicht vermissen.
Von Anfang an waren sie sich über ein paar wesentliche Dinge einig:
– Der Schwerpunkt des Interesses liegt bei Motorrädern bis Baujahr 1945.
– Die MVG Berlin ist eine Gemeinschaft ohne den Status eines eingetragenen Vereins.
– Wir sind nicht scharf auf Ämter und Posten.
– Wir machen das, weil es uns Spaß macht.
– Unsere Gemeinschaft besteht aus aktiven Mitgliedern und nicht aus inaktiven Beitragszahlern.
– Gäste sind immer herzlich willkommen.
Schon im Gründungsjahr wurde die Saison mit einem gemeinsamen „Anfahren“ begonnen und mit dem inzwischen ebenfalls traditionellen „Abfahren“ zum Ende der Motorradsaison abgeschlossen. Die Streckenführung war wegen der damals noch herrschenden Insellage von Berlin-West nicht einfach, uns stand ja nur das Stadtgebiet der drei West-Sektoren zur Verfügung. Freizügiges Fahren gestatteten die von uns im Bundesgebiet besuchten Veteranen-Veranstaltungen. Favorisiert waren dabei natürlich Rallyes in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und im Norden von Bayern, der Anreiseweg war vertretbar, die DDR-Grenzabfertigung jedoch immer unkalkulierbar. Sehr beliebt waren bei uns u..a. die Veteranen-veranstaltungen in Soltau, Heide, Herborn, Höchstädt, Coburg und am Dümmersee. Später kam noch Ibbenbüren hinzu, eine inzwischen gigantische Veranstaltung.
Neben dem An- und Abfahren etablierte sich das alljährliche Weihnachtsessen als „gesetzte“ MVG-Veranstaltung, die Teilnahme der Partner ist selbstverständlich erwünscht. Der Abend bietet die Möglichkeit, die gerade vergangene Saison Revue passieren zu lassen, die besseren Hälften können über das Hobby ihrer Angetrauten „herziehen“…
Besonders erwähnenswert ist die Offenheit der MVG gegenüber den verschiedenen Interessenlagen: Auf Marken bezogen, Leichtmotorräder, Rennmaschinen, Gespanne, Gebrauchsmotorräder, Mehrzylindermaschinen, Exoten und so weiter. Jede Facette der Szene verschafft Blicke über den eigenen Tellerrand hinaus.
Die vorangegangenen Ausführungen haben einen zweiten, aber wesentlichen Aspekt des Hobbys vollkommen unerwähnt gelassen: Die meisten MVGler restaurieren ihre Motorräder selbst und unterstützen sich dabei untereinander nach Kräften. So herrscht denn auch oftmals mehrfache Freude, wenn eine Maschine nach langem „Leidensweg“ (Mensch und Maschine) wieder ihre Stimme ertönen lässt und bei Ausfahrten zeigen kann, was in ihr steckt.
Merke: Schwarze Ränder unter den Fingernägeln adeln bisweilen!